Walt Disney ist vor allem durch seine genialen Zeichentrickfilme und sein Filmimperium bekannt. Seine Fantasie und Vorstellungskraft übertrug der Trickfilmzeichner und Produzent auch auf eine Kreativitätstechnik, die ihm half, Ideen zu entwickeln und verfeinern. Von dieser Methode kann das moderne Design Thinking, das immer noch stark der Problemlösungstechnik des Brainstorming verhaftet ist, profitieren: Es lohnt sich, die auf drei Rollen basierende Walt-Disney-Methode auszuprobieren.
Die Disney-Methode vs. herkömmliches Brainstorming
Neue wissenschaftliche Methoden stellen die Effizienz von Brainstorming-Methoden generell in Frage. Dennoch verweisen viele Design-Thinking-Modelle immer noch auf eine Brainstorming-Phase, die jedoch sehr vage gefasst ist. Mithilfe des Brainstormings soll das kollektiv-kreative Denken gefördert werden und — durch freie Assoziation in der Gruppe — Ideen gefunden werden.
Eine weitere, eher unbekannte, aber genauso effektive Methode ist die Kreativitätstechnik von Walt Disney. Der Amerikaner (1901—1966) war eine Legende in der Filmindustrie, ein kreativer Geist und Erfinder. In seinem Schaffen behielt er stets einen breiten, strategischen Blick auf die Finanzierung und Wirtschaftlichkeit seiner Projekte und Vorhaben.
Vom Traum zur Realität
Walter Elias «Walt» Disney begann in den 1920er-Jahren in Kansas City, erste Werbe- und Trickfilme zu produzieren. Wenige Jahre später ging er nach Hollywood und gründete zusammen mit seinem Bruder die Walt Disney Company. Disney wurde im Laufe der Zeit zur kulturellen Ikone, nicht ohne kontroverse Seiten. Dennoch waren seine revolutionäre Ideen und Visionen beispielhaft und der Zeit voraus. Um seine Ideen zu entwickeln, nahm er drei verschiedene Rollen ein — die des Träumers, die des Realisten und die des Kritikers: die Basis für die Walt-Disney-Methode. Robert Dilts, NLP-Experte (Neurolinguistische Programmierung), formte und entwickelte die Methode im Jahr 1994 und nannte die Technik Disney’s Methode, seine Träume in die Realität umzusetzen.
Robert Dilts erkannte, dass Disneys gewähltem Ausdrucksmedium, dem Animationsfilm, eine allgemein anwendbare Formel des genialen Schaffens zugrunde liegt. Nämlich, aus der puren Vorstellungskraft etwas physisch Greifbares zu erschaffen und damit das Erleben von anderen Menschen auf eine positive Art zu prägen.
So funktioniert die Disney-Methode
Disney bezog sein kreatives Team jeweils in die Ideenfindung ein. Für das Rollenspiel schuf er sogar separate Räume: für jede Rolle einen. Für Design-Thinking-Prozesse heutiger Unternehmen ist dieses Vorgehen durchaus auch eine Überlegung wert. Der wichtigste Ausgangspunkt der Disney-Methode ist, die Dinge aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Und zwar anhand der Rolle des Träumers, des Realisten und des Kritikers. Immer, wenn Walt Disney eine Idee für einen Film hatte, dachte er nicht nur darüber nach, wie diese als Film aussehen würde, sondern auch über die Art und Weise, wie der Film realisiert und produziert werden könnte. Ebenso versetzten sich er und sein Team in die möglichen kritischen Beurteilungen des Publikums und passten den Film dementsprechend an. Er nahm also nacheinander alle drei Rollen ein.
Die 3 Perspektiven der Walt-Disney-Methode
Nacheinander nimmt man die drei Rollen ein, entweder in separaten Räumen oder in verschiedenen Ecken eines Raumes. Je nach Persönlichkeitstyp fällt es einem leichter oder schwerer, eine bestimmte Rolle einzunehmen.
1. Der Träumer
Der Träumer ist nicht durch eine Zwangsjacke behindert, sondern ist kreativ und lässt seiner Fantasie freien Lauf. In dieser Rolle sollen — ohne an mögliche Risiken und Einschränkungen zu denken — Ideen gesponnen werden. Das Prinzip: Alles ist möglich.
2. Der Realist
Der Realist ist der Macher. Er betrachtet und generiert praktische Möglichkeiten um herauszufinden, ob eine Idee wirklich machbar ist. Der Realist betrachtet ferner quantitative Aspekte wie verfügbare Mengen an Mittel und Zeit. Diese Rolle ist ziemlich neutral: weder überschwänglich positiv noch kritisch.
3. Der Kritiker
Der Kritiker kritisiert nicht die Pläne des Träumers oder die Einsichten des Realisten, sondern sieht den entwickelten Plan (und seine Prototypen) wie ein späterer Konsument an. Er filtert Unstimmigkeiten heraus und entfernt so alle entscheidenden Fehler. Welche Probleme und Stolpersteine gibt es?
Text:
(c) Innovator’s Guide Switzerland 2. Juni 2017