Im Rahmen der Winterthurer Initiative „Netzwerk Wasserstoff“ luden der Technopark Winterthur und energie bewegt winterthur Daniela Decurtins, die Direktorin des Verbands der Schweizerischen Gasindustrie VSG, und die Mitverfasserin des H2-Barometers Dr. Heike Worm ein, das aktuelle Stimmungsbild in der Schweiz zu präsentieren. Der Saal war gefüllt, knapp 70 Personen nahmen am Anlass teil.
Der VSG lancierte im März 2022 den H2-Barometer, der halbjährlich den Puls der Akteure in der Wasserstoffbranche fühlt. Das Stimmungsbild in der Schweiz hat sich gemäss Heike Worm von der beauftragten Polynomics AG seither getrübt. „Die fehlende Planungssicherheit in der Schweiz bietet wenig Anreiz, in die Produktion von grünem Wasserstoff zu investieren“, erläutert Worm. Auch VSG-Direktorin Decurtins unterstreicht die Dringlichkeit von politischen Rahmenbedingungen: „In der Schweiz fehlt eine Wasserstoffstrategie – im Gegensatz zu Europa. Doch wenn wir die gesteckten Klimaziele erreichen wollen, müssen wir zwingend auch auf Wasserstoff setzen.“ Dank ihrer Lage im Herzen von Europa und der bereits bestehenden Infrastruktur an Gasleitungen kann die Schweiz eine wesentliche Rolle spielen im europäischen Wasserstoffnetz. „Diese Chance müssen wir nutzen, die Schweiz muss in den Wasserstoffplänen Europas integriert sein“, betont Decurtins.
Damit die Schweiz eine aktive Rolle in dieser sogenannten „European Hydrogen Backbone Initiative“ spielen kann, ist jedoch ein tatsächlicher Bedarf an Wasserstoff in der Schweiz auszuweisen. Der H2-Barometer zeigt insbesondere in der Mobilität, Industrie und als Energiespeicher grosses Potenzial, während Anwendungen in der Raumwärme als weniger interessant taxiert werden. Mit Blick auf die Bereitstellungskosten prognostiziert der H2-Barometer für 2050 weniger als 4 CHF/kg für importierten Wasserstoff nach Zentraleuropa – beispielsweise von Libyen (Sonne) über Grossbritannien (Wind) zu Norwegen (Wasser). Es ist zu erwarten, dass eher aus näher als aus weiter entfernt gelegenen Regionen importiert wird. Basierend auf der geschilderten Ausgangslage geht Heike Worm davon aus, dass der Preis für inländisch produzierten Wasserstoff über demjenigen von importierten liegen wird und bleibt.
Die beiden Referentinnen sind sich einig: Damit wir die gesteckten Klimaziele erreichen, braucht es alle erneuerbaren Energieträger und Wasserstoff kann eine wesentliche Rolle spielen. Aus technischer Sicht sind einige Hürden bereits gesenkt, seit 2022 ist die Beimischung von bis zu 10% H2 im Gasnetz unter Bedingungen erlaubt. Als kritische Faktoren bezeichnen sie vielmehr die politischen Rahmenbedingungen in der Schweiz und mit Europa, die bestehenden gesetzlichen Regulierungen und als Folge davon, dass Chancen, die H2 zur Deckung des zukünftigen Energiebedarfs bietet, in der Schweiz nicht genutzt werden. Zentral ist dabei auch die Anerkennung der erneuerbaren Gase und von Wasserstoff im grenzüberschreitenden Verkehr.
Diesen Frühling wird der Bundesrat seine Wasserstoffroadmap vorlegen, darauf sind alle gespannt. Denn die Erwartung (und Hoffnung) ist, dass damit die Grundlage geschaffen wird, dass Wasserstoff tatsächlich zum Überflieger werden kann in der Schweiz.
Autor: Thomas Schumann
Quelle: TECHNOPARK Winterthur, 27. Januar 2023