«Power-to-Methane» – Mit vereinten Kräften für die Energiewende

Andreas Aeschimann und Luca Schmidlin von AlphaSYNT und Tilman Schildhauer vom PSI (von links) vor der Pilotanlage GanyMeth am PSI. Solche Anlagen sollen künftig von AlphaSYNT für Biogas- oder Abwasserreinigungsanlagen entwickelt werden, um Energie in Form von Methangas zu speichern. (Foto: Paul Scherrer Institut/Markus Fischer)

Von Benjamin A. Senn.

Das Paul Scherrer Institut PSI und das Startup AlphaSYNT gehen gemeinsame Wege. Mit der Unterzeichnung einer Kooperations- und Lizenzvereinbarung wollen sie einen neuen Ansatz zur «Power-to-Gas»-Umwandlung vermarkten – genauer gesagt: «Power-to-Methane», denn mit dem vom PSI entwickelten Methanisierungsprozess soll künftig Energie in Form von Methangas gespeichert werden.

Seit fast 10 Jahren forscht das Labor für Bioenergie und Katalyse am PSI an Prozessen, um Biogase aus land- und forstwirtschaftlichen Abfällen sauber und effizient in gasförmige oder flüssige Brenn- oder Treibstoffe umzuwandeln. Biomethan muss beispielsweise einen gewissen Reinheitsgrad aufweisen, um wirksam im Gasnetz genutzt werden zu können – mindestens 96 Prozent Methangehalt lautet die Devise. Da das ursprüngliche Biogas, das aus der Vergärung von Biomasse wie beispielsweise Gülle und Pflanzen gewonnen wird, jedoch zu etwa 40 Prozent aus Kohlendioxid (CO2) besteht, muss dieses zuerst aufbereitet werden. Im Standardprozedere werden die Störstoffe vom Methan separiert und an die Luft abgegeben.

Eine weit elegantere Lösung bietet das am PSI entwickelte Verfahren der sogenannten direkten Methanisierung.

«Das CO2 muss nicht mehr abgetrennt werden, sondern wird zusammen mit dem Biogas im sogenannten Wirbelschichtreaktor mit Wasserstoff versetzt. Mit der dadurch einsetzenden chemischen Reaktion lässt sich zusätzliches Methan gewinnen»,

so Tilman Schildhauer, wissenschaftlicher Leiter der Methanisierungsforschung am PSI. Die für den Prozess benötigte Energie kann hierbei aus anderweitig nicht nutzbarem Strom aus erneuerbaren Energiequellen gewonnen werden – beispielsweise aus Photovoltaikanlagen, welche im Sommer bei zu hoher Leistung teilweise vom Netz genommen werden müssen. Dieser Strom soll künftig nicht mehr verloren gehen, sondern durch den Methanisierungsprozess saisonal in Form von Methangas gespeichert werden – wie bei einer Batterie, nur langfristiger. Bei Bedarf lässt sich dieser Energiespeicher dann wieder in Strom umwandeln, in der Industrie als Hochtemperaturwärme nutzen oder im Transportsektor als Treibstoff einsetzen.

Eine Symbiose aus Wissenschaft und Industrie

Der Krieg in der Ukraine und die damit einhergehenden Sanktionen gegen Russland haben uns erneut Europas Abhängigkeit von fossilen Energieträgern vor Augen geführt. Um dieser Abhängigkeit zu entrinnen und das Netto-Null-Ziel bis 2050 zu erreichen – also nicht mehr Treibhausgase auszustossen, als natürliche und technische Speicher aufnehmen können, muss intensiv an neuen Lösungsansätzen geforscht werden. Der am PSI entwickelte Methanisierungsprozess liefert dafür einen wichtigen Beitrag. Doch um die Vermarktung einer solchen Technologie vorantreiben zu können, benötigt man neben der Technologie auch das industrielle und wirtschaftliche Know-how.

«Investoren müssen gefunden, Kunden akquiriert und der Bau von zertifizierten Wirbelschichtreaktoren sowie der dazugehörigen Infrastruktur müssen in Auftrag gegeben werden. Der Schritt von der Forschung in die Industrie ist eine Kunst für sich»,

erklärt Tilman Schildhauer. Es geht also um strategische Fähigkeiten und um ein Netzwerk verschiedenster Zulieferfirmen, welche mit der Technologie vertraut sein müssen. Mit AlphaSYNT hat das PSI den idealen Partner gefunden, der durch seine Erfahrungen diesen Herausforderungen gewachsen ist. Gemeinsam wollen sie nun den neuartigen Methanisierungsprozess auf den Markt bringen – jedoch nicht für private Haushalte, dafür ist die Technologie zu komplex. Vielmehr sollen grössere Energieversorger, welche im Besitz von Gasnetzen oder von Biogas- oder Abwasserreinigungsanlagen sind, von dieser Technologie profitieren.

«Durch die Vermarktung dieser neuen Technologie sollen fossile Gase sukzessive durch erneuerbares Methangas ersetzt werden. Der so gespeicherte Strom aus erneuerbaren Energiequellen soll zudem zur Stabilisierung des Stromnetzes beitragen, indem er auch ausserhalb der Saison genutzt werden kann»,

erklärt Andreas Aeschimann, CEO bei AlphaSYNT.

Vom Strom zum Wasserstoff zum Methan

Power-to-Methane ist ein zweistufiger Prozess. Zuerst muss Wasserstoff gewonnen werden (Power-to-Hydrogen). Dies geschieht über die sogenannte Wasserelektrolyse. Hierbei wird mithilfe von Strom aus erneuerbaren Quellen Wasser (H2O) in Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O) gespalten. Die elektrische Energie wird dadurch in chemische Energie im Wasserstoff umgewandelt. In einer zweiten Stufe findet dann die eigentliche Methanisierung statt. Der gewonnene Wasserstoff wird dem Biogas zugefügt, um das darin enthaltene CO2 in Methan und Wasser umzuwandeln. Die elektrische Energie wird schliesslich im Methan in chemische Energie umgewandelt (Power-to-Methane).

Bereits 1902 entdeckten die beiden französischen Chemiker Paul Sabatier und Jean-Baptiste Senderens die Reaktion von CO2 und Wasserstoff (H2) zu Methan (CH4) und Wasser (H2O). Seit dieser Entdeckung wurden entsprechend viele unterschiedliche Verfahren entwickelt, um diese Reaktion so effizient wie möglich zu gestalten. Heutzutage unterscheidet man zwischen katalytischer und biologischer Umwandlung. Erstere verwendet bestimmte Metalle (meist Nickel) und letztere spezielle Mikroorganismen, um die Reaktion zu beschleunigen.

Wie die direkte Methanisierung in einem Wirbelschichtreaktor funktioniert: schematische Darstellung des Prozesses. (Grafik: Paul Scherrer Institut/Mahir Dzambegovic)

Der am PSI entwickelte Methanisierungsprozess zählt zu den katalytischen Methoden. Hierfür haben die Forschenden einen Wirbelschichtreaktor entwickelt, welcher feinkörnige Nickelpartikel als Katalysator enthält. Mit dem Einströmen des Biogases und des Wasserstoffs werden die Partikel aufgewirbelt und durch die aufwärtsgerichtete Strömung in einen fluidisierten Zustand versetzt – die Reaktion läuft dadurch kontinuierlich ab.

Nebst Methan und Wasser entstehen durch diese Reaktion auch hohe Temperaturen. Um den Prozess aufrechtzuerhalten und hohe Umsätze zu erhalten, muss das Gemisch auf die optimale Reaktionstemperatur heruntergekühlt werden. Hierfür haben Tilman Schildhauer und sein Team einen besonderen Kniff angewandt: «Mit einem speziellen Rohrsystem lassen wir Öl durch unseren Reaktor fliessen. Dieses Öl nimmt die Wärme im Inneren des Reaktors auf und gibt sie draussen wieder ab – ähnlich wie bei einem Kühlschrank», erklärt Tilman Schildhauer. Diese Konstruktion und die Fluidisierung der Partikel erlauben eine besonders intensive Kühlung und resultieren in einem isothermen, kompakten und kostengünstigen Reaktor.

Es stellt sich jedoch die Frage, wieso ein zweistufiger Power-to-Methane-Prozess überhaupt nötig ist – schliesslich wird die überschüssige Energie bereits während der ersten Stufe in Form von Wasserstoff gespeichert. Mithilfe von Brennstoffzellen, wie sie beispielsweise in Wasserstofffahrzeugen vorkommen, liesse sich Wasserstoff direkt wieder in Strom umwandeln. Die Methanisierung wäre doch gar nicht nötig? «Wasserstoff ist ein sehr leichtes Gas und beansprucht ein enormes Speichervolumen. Die Umwandlung in Methan ist somit platzsparender, weil Methan bei gleichem Energieinhalt nur ein Drittel des Volumens von Wasserstoff beansprucht. Zudem kann Methan bereits heute in der bestehenden Gasnetzinfrastruktur genutzt und gespeichert werden. Methan ist eine Langzeitbatterie, von der wir bereits heute profitieren können», erklärt Tilman Schildhauer.

Der Reaktor ist Teil der Energy-System-Integration-Plattform des PSI, kurz ESI. Ziel dieser Plattform ist es, in enger Zusammenarbeit mit Partnern aus Forschung und Industrie verschiedene Varianten der Power-to-Gas-Technologie auf ihre technische und wirtschaftliche Machbarkeit hin zu untersuchen.

Bilder: Paul Scherrer Institut
Text: Paul Scherrer Institut/Benjamin A. Senn
Quelle: Paul Scherrer Institut, 5. September 2022