McKinsey-Studie „The State of Organizations”: Nur die Hälfte der Unternehmen gut auf externe Schocks vorbereitet, zwei Drittel gilt als zu komplex und ineffizient. Unternehmen haben langfristigen Umbau ihrer Organisationsstruktur wegen kurzfristiger Krisen vernachlässigt.
Führungskräfte von Unternehmen müssen sich mit einer Reihe von organisatorischen Veränderungen auseinandersetzen, die erhebliche Auswirkungen auf Strukturen, Prozesse und Mitarbeitende haben. Doch während Krisen wie die COVID-19 Pandemie oder die steigende Inflation in vielen Unternehmen kurzfristig erfolgreich bewältigt wurden, sind langfristig wirkende Disruptionen noch kaum berücksichtigt. So sind laut befragter Führungskräfte nur die Hälfte der Organisationen gut vorbereitet, um auf externe Schocks zu reagieren – und zwei Drittel der Unternehmen gelten als zu komplex und damit ineffizient.
Dies sind zwei Ergebnisse der neuen Studie „The State of Organizations 2023“, in der die Unternehmensberatung McKinsey & Company Entscheider:innen aus über 2,500 Unternehmen weltweit befragt hat, darunter über 300 in Deutschland.
„Es geht darum, einen substantiellen Wandel zu gestalten. Dafür ist es von zentraler Bedeutung, dass Entscheider:innen auf eine Führungskultur setzen, die Werte vorlebt, inspiriert und den Menschen in den Mittelpunkt stellt“,
sagt Patrick Simon, Senior Partner im Berliner Büro von McKinsey und Co-Autor der Studie.
Die Studie nennt insgesamt 10 Top-Trends, auf die Organisationen eine Antwort finden müssen:
Geschwindigkeit und Resilienz: Volatilität ist kein vorübergehender, sondern ein Dauerzustand. Trotzdem sagt die Hälfte der Befragten, dass ihre Organisationen unvorbereitet sind auf zukünftige Schocks. McKinsey-Analysen zeigen: Die Unternehmen, die resilient aufgestellt sind, haben in den Krisenjahren 2020 und 2021 einen um 50% höheren Total Return to Shareholders erwirtschaftet.
Hybrides Arbeiten: Seit der Pandemie haben 90% aller Organisation eine Form des hybriden Arbeitens etabliert. Vier von fünf Mitarbeitenden geben an, dass sie solche Modelle auch in Zukunft behalten möchten. Dafür bedarf es flexiblerer und inklusiverer Formen der Zusammenarbeit.
Künstliche Intelligenz: Unternehmen setzen zunehmend KI-Tools wie Spracherkennung ein. Lag dieser Wert 2018 noch bei 1,9 Fähigkeiten, die genutzt wurden, sind es 2022 im Schnitt schon 3,8. 50-60% der befragten Führungskräfte geben an, bereits KI-Anwendungen zu nutzen.
Mitarbeiterbindung: 35% derjenigen, die in Europa ihren Job gekündigt haben, nennen ‚unrealistische Leistungserwartungen‘ als Grund. Über ein Drittel (32%) nennt fehlenden „Purpose“ als Grund. Und: 39% von Befragten in einer McKinsey-Umfrage gaben an, dass sie ihren Job in den kommenden 3-6 Monaten aufgeben werden.
(Digitale) Fähigkeiten: Viele Organisationen tun sich immer noch schwer damit, digitale Fähigkeiten in ihre Kernprozesse einzubauen. Nur 5% der Befragten geben an, dass ihre Organisationen alle Fähigkeiten haben, die sie benötigen. 46% sagen, es fehle in ihrer Organisation an Zeit und Ressourcen, um Fähigkeiten intern auszubauen.
Talente: In wirtschaftlich herausfordernden Zeiten ist es für Organisationen noch wichtiger geworden, Top-Talente zu finden, zu halten und in den Jobs einzusetzen, die den größten Mehrwert liefern. Allerdings werden in vielen Organisationen 20-30 der erfolgskritischen Rollen nicht mit den besten Mitarbeitenden besetzt.
Führung: Nur ein Viertel der Befragten geben an, dass die Führungskräfte in ihrer Organisation engagiert und passioniert seien und ihre Mitarbeitenden inspirieren.
Vielfalt, Gerechtigkeit und Inklusion: Zwar haben Unternehmen viele Einzelinitiativen auf den Weg gebracht – dies geben 70% der Befragten an – jedoch sagen nur 47%, dass die Infrastruktur für die Ziele ausreichend sei.
Mentale Gesundheit: 9 von 10 Unternehmen weltweit bieten eine Form von Gesundheitsleistungen für ihre Mitarbeitenden an. Trotzdem bleibt die mentale Gesundheit eine Herausforderung – Mitarbeitende, die in diesem Bereich Probleme haben, kündigen mit 4x höherer Wahrscheinlichkeit ihren Job.
Effizienz: Organisationen nehmen das Thema Effizienz angesichts der wirtschaftlichen Unsicherheit wieder stärker in den Blick. Zu Recht: 40% der Befragten geben an, dass komplexe Organisationsstrukturen zu Ineffizienz führen, ebenso wie unklare Rollenanforderungen und Verantwortlichkeiten.
Patrick Simon: “Wenn Entscheider:innen in Organisation ihre Aufgabe gut lösen, sind die Vorteile groß: Diejenigen Unternehmen, die sich heute richtig aufstellen, sind die Gewinner von morgen – denn es gibt einen klaren Zusammenhang zwischen der Gesundheit einer Organisation und der finanziellen Performance.“
Quelle: McKinsey, 28. April 2023