Schwieriger Zusammenbau
Eine solche Zentrifuge instand zu setzen und zusammenzubauen, ist aber kein Kinderspiel. Währenddem das Forschungslabor am Hönggerberg gebaut wurde, kam die Coronapandemie, die zu diversen Unterbrüchen der Lieferkette und weiteren Verzögerungen führte. Trotz aller schwierigen Umstände konnte die Zentrifuge aber nur ein Jahr später als geplant in Betrieb genommen werden. Für Anastasopoulos klar ein Erfolg:
«Phasenweise waren wir nicht mehr sicher, wann die Zentrifuge tatsächlich laufen würde. Dazu hatten wir eine ganze Reihe von Projekten, die davon abhingen. Umso grösser ist die Freude, dass wir nun eine erste Versuchsergebnisse vorweisen können.»
Die Zentrifuge dreht – auch an der Zeit
Heute ist die neue «alte» Zentrifuge seit rund eineinhalb Jahren im Betrieb und sie läuft auf Hochtouren. In der Regel werden ein bis drei Tests pro Woche durchgeführt. Dass die Experimente durchgeführt werden können und die Zentrifuge einwandfrei läuft, dafür sorgen zehn bis fünfzehn Forschende und Techniker rund um Anastasopoulos.
Wie oft die Zentrifuge ihre Runden dreht, ist immer von der Komplexität des getesteten Modells abhängig. Das Modell vorzubereiten, beansprucht am meisten Zeit, weil die Gegebenheiten des Bodens und der Bauwerke möglichst realitätsnah nachempfunden werden müssen. Faszinierend an der Zentrifuge: Durch die zusätzlichen G-Kräfte können Auswirkungen über Jahre hinweg innerhalb einer sehr kurzen Zeit nachempfunden werden.
Windparks, Brücken, Brienz und Leimbach
Beispiele für konkrete Projekte gibt es viele. Bei einem, das gerade im GCC durchgeführt wird, geht es um die Bodenverankerung von Offshore-Windparks. Weit draussen im Meer sind die Windräder diversen Naturgewalten ausgesetzt. Den Stürmen und Erdbeben ausgesetzt, kann es vorkommen, dass sich die Konstruktion neigt. Selbst Neigungen von 0,5 Grad können die mechanischen Systeme beschädigen und somit auch die Lebensdauer der Anlage einschneidend verkürzen.
Offshore-Windparks sind in der Schweiz eher selten anzutreffen. Ganz im Gegenteil zu Brücken. Von denen gibt es in der Schweiz einige und viele davon haben bereits eine beachtliche Anzahl an Jahren auf dem Buckel. Die überwiegende Mehrheit (über 90%) wurde vor den 90er-Jahren gebaut, und zwar ohne jegliche oder nur mit einer einfachen erdbebensicheren Auslegung, die eine Nachrüstung erfordert. Während die Nachrüstung von Brückenpfeilern relativ einfach ist, kann die Verstärkung von Fundamenten schwierig, kostspielig und zeitaufwändig sein. Dies gilt insbesondere für Pfahlgruppen, die für Brücken verwendet werden. Hier kommt die Forschungsarbeit von Anastasopoulos und seinem Team ins Spiel: «Unsere Zentrifugentests sind für die Sicherheit unserer Verkehrsinfrastruktur von entscheidender Bedeutung. Die Zentrifugenexperimente können uns zu innovativen Lösungen führen, die den CO2-Fussabdruck und die Kosten für die Nachrüstung von Fundamenten minimieren und gleichzeitig die Erdbebensicherheit verbessern.»
Die Bodenbewegungen in Brienz, Graubünden, die ein ganzes Dorf bedrohen, sowie Leimbach in Zürich beschäftigen viele Forschende. Hier könnte die Zentrifuge helfen, die Ursachen und Prozesse nachzuvollziehen, die zu solch massiven Bewegungen führen.
Die vielseitigen Forschungsthemen und Einsatzmöglichkeiten zeigen, dass die Zentrifuge zukünftig rege genutzt werden wird.
Quelle: ETH News, 17. Januar 2025
https://ethz.ch/de/news-und-veranstaltungen/eth-news/news/2025/01/durchdrehen-fuer-die-wissenschaft.html