Digitalisierung von Dorfgemeinschaften “Das vernetzte Dorf” – Beispiele

Pastor Ralph-Ruprecht Bartels möchte ein ganzes Dorf mit Hilfe von Tablet-PCs vernetzen und so die Lebensmöglichkeiten älterer Menschen im ländlichen Raum verbessern. Unter dem Motto „Das vernetzte Dorf“ baut er als Referent im Haus kirchlicher Dienste (HkD) seit September ein Projekt für die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers auf.

„Das Dorf regelt seine Angelegenheiten selber! Diese Mentalität ist in den Dörfern noch tief verwurzelt und hier möchte ich ansetzen“, sagt der Theologe. „Bei vielen Menschen ist eine große Bereitschaft da, sich gegenseitig zu helfen, das hat sich in der Flüchtlingskrise gezeigt. Mir geht es darum, neue Wege zu finden, damit die Nächstenliebe, die Menschen in sich tragen, anderen zu Gute kommt.“

In vielen kleinen Dörfern gerade im südlichen Niedersachsen gibt es keine öffentlichen Orte mehr, an denen sich Menschen zufällig begegnen können. Der Bäcker, die Post und der Lebensmittelladen haben geschlossen. Ohne ein Auto ist es für ältere Menschen schwer, sich zu versorgen und am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.
„Ich fahre morgen zum Supermarkt, soll ich jemandem etwas mitbringen oder soll ich jemanden mitnehmen?“

Die Tablet-PCs, die nicht größer sind als ein Schreibblock und bei denen man direkt auf dem Bildschirm tippen kann, sollen hier Abhilfe schaffen. „Sie sind wesentlich einfacher zu bedienen als zum Beispiel ein Laptop und daher auch für ältere Menschen ohne Computererfahrung geeignet“, so Bartels. Es soll eine Kommunikationsplattform im Internet eingerichtet werden, über die zum Beispiel Hilfsangebote und -gesuche ausgetauscht werden können.

Digitalisierung von Dorfgemeinschaften Das vernetzte Dorf

„Dort kann jemand schreiben: ‚Ich fahre morgen zum Supermarkt, soll ich jemandem etwas mitbringen oder soll ich jemanden mitnehmen?‘“, beschreibt Bartels seine Vision. „So kommen die Menschen dann auch im realen Leben miteinander in Kontakt, wenn das Brot vorbeigebracht wird oder man gemeinsam zum Einkaufen fährt.“ Später soll auch getestet werden, ob es möglich ist, Gottesdienste im „vernetzten Dorf“ als Life-Stream zur Verfügung zu stellen.

Bartels ist mit seiner Idee nicht allein. Einige Projekte gibt in anderen Landeskirchen und von staatlicher Seite auf dem Gebiet bereits läuft. Im Emsland gibt es das Projekt ‚Dorfgemeinschaft 2.0‘, in Baden-Württemberg das Projekt ‚Sonia‘, das auch wissenschaftlich ausgewertet wird. Hier zeigt sich bereits, dass Senioren eine solche Möglichkeit der Kommunikation schätzen und sie ihnen mehr Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht. „In Hessen gibt es zwei kirchliche Projekte“, erzählt Bartels.

„In der kurhessischen Kirche ‚Unser Dorf: Wir bleiben hier!‘ und in der Evangelischen Kirche Hessen-Nassau ‚Mein Dorf 55-Plus – Trotz Alter bleibe ich hier!“ Er wird mit den Initiatoren im Gespräch sein, um die Erfahrungen für den Aufbau eines Projektes in der hannoverschen Landeskirche zu nutzen.

Aus den Erfahrungen und Ideen der anderen Projekte entwickelt sich dann die Gestaltung des Projektes für die Landeskirche Hannovers. Bartels wird ein oder mehrere Dörfer suchen, wo das Projekt durchgeführt werden kann. „Gemeinsam mit der Dorfgemeinschaft werden wir dann weiter planen“, sagt Bartels. „‘Runde Tische‘ haben sich da in der Flüchtlingsarbeit sehr bewährt.“ Auch die Suche nach Finanzierungsmöglichkeiten für die Tablets oder die Ausbildung von Technik-Paten werden zu Bartels Aufgaben gehören, genauso wie die theologische Begleitung des Projektes.

Autorin: Susanne Ruge
Quelle: Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannover