Führende Fachleute geben Empfehlungen für eine Schweizer Strategie zur Künstlichen Intelligenz ab

Führende Fachleute für Künstliche Intelligenz (KI) haben ihre Empfehlungen für eine Schweizer KI-Strategie publiziert. Sie plädieren für eine intensivere Nutzung der Technologie und die Schaffung nationaler Datenplattformen, da Daten eine Voraussetzung für leistungsfähige Algorithmen sind. Ohne entsprechende Anstrengungen riskiert die Schweiz, den Anschluss bei dieser zukunftsweisenden Technologie zu verlieren. Ein Erfolgsfaktor ist die gesellschaftliche Akzeptanz, weshalb die Bevölkerung verstärkt für Chancen und Risiken zu sensibilisieren ist.
Führende KI-Fachleute und Mitglieder der Themenplattform «Künstliche Intelligenz» der Schweizerischen Akademie der Technischen Wissenschaften SATW haben Empfehlungen für eine nationale Strategie im Umgang mit Künstlicher Intelligenz (KI) erarbeitet.

Zu den Autorinnen und Autoren zählen Prof. Hervé Bourlard, Direktor von Idiap Research Institute, Prof. Joachim Buhmann vom Institut für Maschinelles Lernen an der ETH Zürich, Dr. Alessandro Curioni, Vizepräsident Europa und Direktor von IBM Research – Zurich, Prof. Ernst Hafen, Institut für Molekulare Systembiologie der ETH Zürich und Mitbegründer von MIDATA, sowie Prof. Jana Koehler, Vorsitzende der Geschäftsführung, Deut- sches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz DFKI.
Fünf Bereiche mit Empfehlungen bilden den Kern des Berichts: Die Schweiz muss eine nationale Datenplattform aufbauen; sie soll eine «Stelle zur Verifizierung und Prüfung von KI» schaffen; das Vertrauen der Gesellschaft in die Tech- nologie muss gestärkt werden; die Forschung über und mit KI ist zu fördern so- wie ihr Einsatz in der Hochschulbildung zu intensivieren und schliesslich sollen Firmen befähigt werden, insbesondere KMU, KI für ihre Zwecke zu nutzen.

Datenplattformen im Dienst des Gemeinwohls

Daten sind die Grundlage für KI-Systeme. Organisationen mit grossen Datenbeständen haben also einen wesentlichen Wettbewerbsvorteil bei der Entwicklung von Algorithmen. Um z.B. den US-Datenkraken (GAFA) etwas entgegensetzen zu können, soll die Schweiz nationale Datenplattformen schaffen. Bürgerinnen und Bürger können dort ihre Daten speichern und zum Wohl der Gesellschaft teilen, beispielsweise für die medizinische Forschung. Die Bürgerinnen und Bürger müssen dabei jederzeit volle Kontrolle und Transparenz über ihre Daten und de- ren Verwendung haben. Dazu bedarf es einer demokratischen Kontrolle der Plattformen, beispielsweise durch eine genossenschaftliche Organisation. Die MIDATA-Genossenschaften für Gesundheitsdaten kann hier als Modell dienen.

Künstliche Intelligenz in Bildung und Forschung

Computational Thinking hat die Wissenschaft verändert: Die rechnergestützte Modellierung ist heute eine unverzichtbare empirische Methode. KI erzielt immer öfter beeindruckende Resultate, so etwa bei der medizinischen Diagnose aufgrund bildgebender Verfahren. Nachzuweisen, dass solche Resultate eine garantierte Qualität aufweisen, bleibt jedoch eine ungelöste Herausforderung. Dazu sind grosse Forschungsanstrengungen nötig: Im Fokus soll dabei das Verständnis probabilistischer Algorithmen und Modelle stehen. Dieses Wissen ist in Informatiklehrgängen sowie vermehrt auch in anderen Disziplinen zu vermitteln. Die Absolventinnen und Absolventen sind auf eine Zukunft vorzubereiten, in der sie von KI gefällte Entscheidungen evaluieren und qualitativ beurteilen müssen.

Nationale KI-Strategie gemäss Fachleuten «sehr wichtig»

Bislang verfolgt die Schweiz keine nationale KI-Strategie, im Unterschied zu vielen anderen Ländern. Die EU hat mit dem «Digital Europe Programme» (DEP) zudem eine supranationale Initiative gestartet, die KI als einen von fünf Pfeilern definiert. 2,5 der insgesamt 9,2 Milliarden Euro des Programms fliessen in KI. Das Programm betrifft auch die Schweizer Forschung («Horizon 2020»). Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation SBFI hat deshalb eine Umfrage zum DEP unter wichtigen Schweizer Stakeholdern durchgeführt und die Resultate im Juli publiziert. 150 Institutionen und Forschende haben teilgenommen. Die Befragten erachten es als sehr wichtig, dass sich die Schweiz am DEP beteiligt und dass sie eine nationale KI-Strategie erarbeitet.
Resultat der Stakeholder-Befragung durch das SBFI (vgl. S. 17): Sowohl die Fachleute aus dem öffentlichen wie auch privaten Sektor befürworten klar eine nationale KI-Strategie.

Das Whitepaper ist unter www.satw.ch/whitepaper-AI auf Englisch verfügbar:
https://www.satw.ch/fileadmin/user_upload/documents/02_Themen/08_Kuenstliche-Intelligenz/SATW-Swiss_AI_Strategy.pdf

Auszug aus der Präambel:

The contributors to this publication are convinced that Switzerland can be a frontrunner in selected fields of AI services and applications. However, to attain this position, a structured approach and common direction for efforts in AI research and technology development are required. This document formulates recommendations for an AI strategy for Switzerland. The goal is to position Switzerland as a leading AI country and to amplify and accelerate the positive impact of AI on the Swiss economy. The recommendations are delivered in the context of five important aspects of AI.

Switzerland should pioneer a model for an open market for data, stimulating the valuation and exchange of data while ensuring privacy, security and trust. Thus, we propose leveraging Switzerland’s unique historical geopolitical reputation and trust to promote itself as a safe harbour for data storage. Furthermore, Switzerland should take the lead in the definition of the general requirements that AI systems should follow to enhance their acceptability by businesses and society. As AI is being more widely deployed, it becomes crucial to ensure that these models meet high ethical standards and provide safety. A verification body for AI could provide requirements for trusted ethical and safe AI systems.

Contributors

  • Alessandro Curioni, Editor, IBM Research – Zurich
  • Lukas Czornomaz, Editor, IBM Research – Zurich
  • Joachim Buhmann, ETH Zurich
  • Ernst Hafen, ETH Zurich, DatenundGesundheit Assoc., MIDATA Genossenschaft
  • Manuel Kugler, SATW
  • Hervé Bourlard, Idiap Research Institute and EPFL
  • Jana Koehler, Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI)
  • Matthias Kaiserswerth, Hasler Stiftung
  • Anika Schumann, IBM Research – Zurich

Preamble – lead author: Lukas Czornomaz

Image: Courtesy of SATW
Quelle: SATW Schweizerische Akademie der Technischen Wissenschaften, Zürich, 25. Oktober 2019
https://www.satw.ch/