Neue Studie zum Einfluss der Patentoffenlegung auf Folgeerfindungen

Eine neue Studie von Gaétan de Rassenfosse (EPFL), Gabriele Pellegrino (Università Cattolica del Sacro Cuore), and Emilio Raiteri (Eindhoven University of Technology) wurde im International Journal of Industrial Organization veröffentlicht. Es befasst sich mit der komplexen Beziehung zwischen Patentgeheimnis und Wissensverbreitung.

Das Patentsystem, ein Eckpfeiler des wissenschaftlichen Fortschritts, spielt eine doppelte Rolle: Es sichert die Rechte der Erfinder und fördert den Wissensaustausch. In der heutigen schnelllebigen Innovationslandschaft ist es von entscheidender Bedeutung zu verstehen, wie dieses System die Verbreitung neuer Ideen beeinflusst.

„Normalerweise beobachten wir keine geheim gehaltenen Erfindungen, was die Untersuchung der Auswirkungen der Geheimhaltung zu einer besonderen Herausforderung macht“,

bemerkt Gaétan de Rassenfosse. Unter Nutzung des Invention Secrecy Act von 1951 bietet diese Studie einen einzigartigen Einblick in die Art und Weise, wie Patente die Wissensverbreitung unterstützen. Das Gesetz gibt dem US-Patentkommissar die Befugnis, die Offenlegung neuer Erfindungen zu verhindern, die die nationale Sicherheit gefährden könnten. Dieser Kontext ermöglichte es den Autoren, die Auswirkungen der Geheimhaltung auf spätere Erfindungen zu untersuchen.

„Erfindungen, die einer Geheimhaltungsanordnung unterliegen, werden für einen begrenzten Zeitraum geheim gehalten und danach der Welt über das Patentsystem zugänglich gemacht“,

fügt de Rassenfosse hinzu. Diese Besonderheit des Patentsystems ermöglicht es den Autoren, die Auswirkungen der Offenlegung (oder des Fehlens davon) zu untersuchen.

Geheimhaltungsanordnungen zu Patenten behindern die Entstehung neuer Erfindungen erheblich. Diese „verlorene Generation“ von Erfindungen bleibt auch nach der Geheimhaltung eine Realität, eine wichtige Erkenntnis für politische Entscheidungsträger und Innovatoren gleichermassen.

Die Ergebnisse dieser Studie haben tiefgreifende Auswirkungen auf die Politik in den Bereichen Innovation und geistiges Eigentum. Die Autoren zeigen, dass die Offenlegung im Patentsystem die Entstehung von Folgeerfindungen fördert. Die Studie verdeutlicht auch die gesellschaftlichen Kosten, die mit der Geheimhaltung einhergehen: eine deutliche Verringerung der Generierung von Folgeerfindungen. Die Recherchen liefern stichhaltige Beweise dafür, dass Geheimhaltungsanordnungen die Entwicklung von Wissen im Zusammenhang mit geheimen Erfindungen behindern und die Ergebnisse zeigen einen statistisch signifikanten negativen Zusammenhang zwischen der Durchsetzung von Geheimhaltungsanordnungen und der Entstehung nachfolgender Erfindungen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das optimale Mass an Geheimhaltung zur Maximierung des Gesamtwachstums ein Problem bleibt.  Weitere Forschung ist erforderlich, um tiefere Einblicke in das komplexe Zusammenspiel von Geheimhaltung, Innovation und Wachstum zu gewinnen.

„Obwohl unsere Ergebnisse auf eine bestimmte Gruppe von Patenten beschränkt sind, erinnern sie uns daran, dass die Offenlegung Folgeerfindungen erleichtert. Wir könnten diese Argumentation auf den Zugang zu Wissen im Allgemeinen ausdehnen, wobei eine breitere Zugänglichkeit eine breitere Verbreitung impliziert“,

schließt de Rassenfosse.

Literatur:

Full paper: Do patents enable disclosure? Evidence from the invention secrecy act. G. de Rassenfosse, G. Pellegrino, E. Raiteri. International Journal of Industrial Organization, volume 92. 2024

Quelle: EPFL, 15. Januar 2024